FK CSKA Sofia – FK Levski Sofia 1:0

Bulgarien, A Grupa (1. Liga)
Sonntag, 18. März 2018, 13 Uhr
Sofia, Stadion Vasil Levski

Früh aufstehen heißt es am Sonntagmorgen, denn es geht vom Orient-Express-Bahnhof Plovdiv in die Hauptstadt Sofia, in der das große Derby bereits um 13 Uhr angepfiffen wird. Schade eigentlich, denn Plovdiv war uns schon sehr ans Herz gewachsen, schließlich ist uns eine unglaubliche Gastfreundschaft begegnet. Dass einfach fremde Leute an den Tisch kommen und eine Runde Bier schmeißen, weil wir unbedingt mal die leckerste Biermarke Bulgariens probieren sollten, und zwei Minuten später den Laden verlassen, ohne eine Möglichkeit der Revanche zu geben, passiert einem in Deutschland jedenfalls nicht oft. Schon gar nicht gegenüber Bulgaren. Unser Glück ist aber: In Sofia ist man ebenso gastfreundlich wie in Plovdiv. Nur für das Wetter gilt das nicht. Es gießt wie aus Eimern, auf Sightseeing hat erstmal keiner Bock, so dass wir vom ebenfalls massiv modernisierten Hauptstadt-Hauptbahnhof mit der Metro direkt das Hotel ansteuern, wo wir schon vier Stunden vor der eigentlichen Zeit einchecken dürfen. Auch das passiert einem in Deutschland nur selten. Bewusst auf den letzten Drücker betreten wir also das weitgehend unüberdachte Nationalstadion, vor dem uns prompt die erst kurz zuvor gekauften Schirme wieder abgenommen werden. Das kann ja heiter werden. Das Stadion ist ziemlich schlecht gefüllt, die CSKA-Kurve zwar voll, bei Levski gibt’s aber doch ein paar Lücken. Mag am Wetter liegen, was auch für die Stimmung gilt, die in der ersten Halbzeit doch noch sehr hängt. Erst in der zweiten Halbzeit, als der Regen endlich aufhört, wird die Stimmung besser und doch auch derby-würdig. Leider ist das Repertoire osteuropa-üblich nicht sehr umfangreich und bis auf ein, zwei Songs, die man aus dem benachbarten Griechenland geklaut hat, ist es eine sehr monotone Veranstaltung. Laut zwar, wenn auch über weite Strecken nicht übermäßig, aber die Hälfte der Tonleiter wird eben nicht gebraucht. Choreos gibt’s auch, wenngleich da etwas mehr erwartet wurde. Levski wirft beim Einlaufen der Mannschaften einfach ein paar Schnipsel hoch, CSKA zeigt kurz danach eine Schach-Choreo, mit der Levski symbolisch matt gesetzt wird. Gut gemacht, aber halt nicht mehr als Standard. Dafür haut CSKA während dem Spiel beim Pyro gleich zweimal voll auf die Kacke. In der ersten Halbzeit lässt man eine weiße Rauchwolke aufsteigen, die ich in der Größe erst selten gesehen habe, dann legt man in der zweiten Halbzeit mit mehreren Fackeln nach. Richtig gut! Levski setzt derweil auf die Erniedrigung des Gegners und zeigt minutenlang orangefarbene XXL-Spruchbänder, die die Vereinsgeschichte von CSKA mitsamt der verschiedenen Fusionen durch den Dreck ziehen. Überhaupt krass, wie lange hier die während dem Spiel zahlreich gezeigten Spruchbänder oben bleiben. Der Inhalt verschließt sich zwar meistens, was aber auch besser sein dürfte, falls das alles vom Niveau des von der CSKA-Kurve gezeigten italienischen Spruchbands „Levski merda, forza rossi“ sein sollte. Und natürlich: Hurra, hurra, die Deutschen sind auch da! An die 80 dürften es tatsächlich sein, was an und für sich nicht schlimm ist, denn man selber ist ja auch da. Hier aber im „Abitur 2015“-Pullover rumrennen, mega-laut auf Deutsch über die halbe Tribüne johlen und wie üblich alle anderen Deutschen anschauen, als wolle man ihnen gleich die Gurgel durchschneiden, geht tierisch auf den Sack. Das hier ist CSKA gegen Levski, nicht Erfurt gegen Jena. Das ist keine Auswärtsfährt des eigenen Vereins, hier geht’s nicht um sowieso nicht vorhandene Vereinsrivalitäten.
So richtig im Keller ist bei uns die Laune dann beim Verlassen des Stadions, denn man brummt den Heimfans (und damit auch uns) eine fast 60-minütige Blocksperre auf. Alles ist pitschnass, sogar die Kamera hat durch die Wassermassen in der Jackentasche den Geist aufgegeben (RIP), für eine warme Dusche im Hotelzimmer werden Höchstpreise geboten. Endlich dort angekommen verzichten wir auf den Basketball-Nachschlag bei CSKA, das Nightlife in Sofia und selbst den vielbeschworenen, aber noch nie besuchten Happy Grill, neben dem sich unser Hotel befindet, lassen wir links liegen. Ein paar Getränke fürs Zimmer im Kiosk einladen, den serbischen Turbofolk-Sender einschalten und es heißt: am Arsch geleckt. Am nächsten Morgen gönnen wir uns vor der Heimreise dann aber doch eine Stunde Sightseeing im sehenswertigen Sofia, ehe wir mit dem Zug wieder zurück nach Plovdiv fahren, um am Abend den beinahe schon historischen Rückflug anzutreten. Denn: Ab dem 23. März (also vier Tage später) wird die Strecke Hahn – Plovdiv ersatzlos gestrichen, wir nehmen damit den vorletzten Flug dieser bislang zweimal pro Woche durchgeführten Verbindung. Das überrascht zwar, denn durch den Status als europäische Kulturhauptstadt dürfte das Touristen-Aufkommen ja steigen statt sinken. Aber gut, am Flughafen Plovdiv wird es damit noch ein Stück trostloser.