FCSR Obernai – SC Schiltigheim II 0:1

Frankreich, Regional 1 Alsace (6. Liga)
Samstag, 16. September 2017, 20 Uhr
Obernai, Stade Municipal

Dass nicht jede Reform im Fußball gut sein muss, haben die Franzosen in der Sommerpause bewiesen. Am eigentlichen System wurde zwar nicht gefummelt, dafür wurden unterhalb der 2. Liga alle Spielklassen umbenannt und damit auch die Spielplan-Suche im Internet umgestellt. Hintergrund ist eine Verwaltungreform, bei der im vergangenen Jahr in Frankreich mehrere Regionen (vergleichbar mit den deutschen Bundesländern) zusammengefasst wurden. Aus den vormals 22 Regionen im europäischen Teil Frankreichs wurden somit nur noch 13. Hinzu kommen fünf weitere Regionen in Übersee (z.B. Französisch-Guyana), die von dieser Reform unberührt blieben. Zusammengefasst wurden dabei auch die drei Regionen Elsass, Lothringen und Champagne-Ardenne, aus denen die neue Region Grand Est (Groß-Osten) entstand. Sie ist nun die viertgrößte Region Frankreichs und zieht sich vom Rhein bis nach Paris. Besonders im Elsass, das vor der Reform die mit Abstand kleinste Region des europäischen Teils Frankreichs war, kam es zu großen Protesten, weil man einerseits um die lokalen Sonderrechte fürchtete, die Frankreich dem Elsass aus historischen Gründen zugesteht, und sich andererseits in dieser riesigen Region noch mehr an den Rand gedrängt fühlt als ohnehin schon. Immerhin wurde Strasbourg, das mit knapp 300.000 Einwohnern sowieso die größte Stadt der neuen Region ist, zur Hauptstadt von Grand Est gekürt. Wie es im französischen Fußball so üblich ist, wirken sich solche politischen Veränderungen auch auf den Sport aus. Genannt sei an dieser Stelle allein der Coupe de France, an dem ja aus politischen Prestige-Gründen auch die Übersee-Vereine teilnehmen. Vor der Verwaltungsreform besaß jede Region einen eigenen regionalen Fußballverband (im Elsass ist das die LAFA), die dem französischen Zentral-Verband FFF untergeordnet ist und alle Ligen unterhalb der fünftklassigen CFA2 organisiert hat. Nun wurden angelehnt an die neuen Regionen auch neue regionale Fußballverbände gegründet, die zwischen den FFF und die alten, nach wie vor existierenden Regionalverbänden geschaltet wurden. In Grand Est ist das die LGEF (Ligue du Grand Est de Football), die also zwischen FFF und LAFA steht. Gleichzeitig wurden alle Ligen unterhalb der Ligue 2 umbenannt: Aus der National (3. Liga) wurde die National 1, aus der CFA (4. Liga) die National 2, aus der CFA2 (5. Liga) die National 3, aus der Division d'Honneur (6. Liga) die Regional 1, aus der Excellence (7. Liga) die Regional 2 und so weiter. Der FFF bleibt für die Organisation der Ligue 1, Ligue 2 und National 1 zuständig, die LGEF übernimmt die Ligen von der National 2 bis zur Regional 3, für alles darunter ist die LAFA zuständig. Das macht die Spielplan-Suche noch komplizierter als ohnehin schon, denn während es in Deutschland mit fussball.de eine einheitliche Datenbank für ganz Deutschland (ohne Bayern) gibt, muss man sich in Frankreich nun durch gleich drei Internetseiten wühlen. Obendrauf wurde auf allen Seiten die zuvor sehr bequeme Suche per Datum abgeschafft, so dass man sich nun durch jede einzelne Liga und jede einzelne Staffel separat klicken muss. Furchtbar nervig, aber dennoch kein Hindernis, das heutige Spiel in Obernai zu finden. Das 10.000-Einwohner-Städtchen in der banlieue von Strasbourg gehört seit jeher zu den höherklassigen Vereinen im Elsass und verfügt über eine knarzende Holztribüne, die durch ihre Lackierung zunächst gar nicht als solche erkennbar ist. Da wir uns mittlerweile in Frankreich befinden, wo der Fußball einen viel niedrigeren Stellenwert als im restlichen Europa hat, ist die Zuschauerzahl trotz der relativ hohen Spielklasse recht mickrig. Wie üblich sind die Hälfte der Zuschauer junge Migranten, die mit einem mitgebrachten Döner oder Taco und einem qualmenden Tütchen auf der Tribüne herumlungern und ihren Freunden aus dem Viertel auf dem Rasen zuschauen. Eine völlig andere Atmosphäre als bei unterklassigen Spielen auf der anderen Seite des Rheins, aber auch das macht den Reiz des Fußballs im Elsass und speziell im Großraum Strasbourg aus. Die banlieue der elsässischen Hauptstadt steht aber gewiss nicht nur für kiffende Jugendliche aus Algerien oder dem Senegal und ebenso wenig nur für beigefarbene Plattenbauten, denn auch hier in Obernai gibt es eine Altstadt, in man unbedingt einen Blick werfen sollte. Enge Gassen mit kleinen Restaurants in typisch elsässischen Fachwerkhäusern, die in gelbes Licht getaucht besonders charmant wirken.